Eines Tages habe ich meiner Mutter erzählt, dass ich Schriftstellerin werden möchte. Sie meinte daraufhin, dass ich das lieber lassen sollte, weil man in diesem Beruf nichts verdient.

Aber stimmt es wirklich, dass der Schriftstellerberuf diese Schattenseite hat und man es lieber als Hobby ausüben soltte?  Das ist eine von vielen Fragen, die ich dem Schriftsteller Bahattin Gemici gestellt habe.

b.gWie wird man Schriftsteller?

Man muss viel lesen, zuhören, beobachten, erzählen und schreiben. Es ist eine Seltenheit als Schriftsteller auf eigenem Fuß zu stehen. Erst muss man einen Beruf haben, damit man sein Brot verdient. Nebenbei kann man immer noch  schreiben.

Warum sollte man Schriftsteller werden?

Man muss dafür eine Begabung haben. Diese Begabung muss mit Fleiß enthüllt werden. Die Schriftsteller haben den Menschen etwas mitzuteilen. Sie möchten von vielen Menschen gelesen und gehört werden.

Welche Vorteile/ Sonnenseiten hat der Beruf?

Jeder Beruf ist wichtig und nützlich. Als Schriftsteller kennt man viele Menschen und wird selbst auch bekannt. Man kann mitteilen, was einem wichtig ist.

Welche Eigenschaften sollte man haben um Schriftsteller zu werden?

Um Schriftsteller werden zu können, soll man viel lesen, schreiben und gut erzählen können. Der Schriftsteller soll vielseitig sein, sich für vieles interessieren. Kunst, Kultur, Philosophie und Geschichte. Was vorher geschrieben ist, muss man konzentriert lesen und für die eigenen Gedanken nutzen.

Woran sollte ich interessiert sein?

Der Schriftsteller  soll sich in erster Linie für Menschen und deren Belange sehr interessieren. Man soll sich selbst gut kennen und mit anderen Empathie schaffen können.

Wo arbeite ich die meiste Zeit?

Ich persönlich kann überall arbeiten; in Cafés, im Park, in der Pause, im Urlaub.

Mit welchen Arbeitsgegenständen arbeite ich?

Man soll Stift und Papier immer dabei haben.

Wie finde ich einen Verlag?

Das ist ein sehr schwieriger Weg, wo viele Autoren große Probleme haben. Darüber gibt’s genug Bücher.

Was muss ich bei der Wahl des Verlages beachten?

Man muss erstmal froh sein, wenn man einen findet. Dann soll man einen guten Vertrag machen, den man vom Deutschen Schriftsteller Verband  (VS) besorgen kann.

Ist der Beruf des Schriftstellers ein harter Job? Warum?

Schreiben kann jeder, aber ein Schriftsteller zu sein ist sehr schwierig. Du brauchst Fleiß und ganz viel Geduld. Man muss einige Bücher veröffentlicht haben, damit man sich überhaupt Schriftsteller nennen kann.

Welche Schattenseiten/Schwierigkeiten hat der Beruf des Schriftstellers?

Was man schreibt, findet man zuerst toll. Nach einiger Zeit  wirft man alles in den Papierkorb. Man muss viel üben, korrigieren, laut lesen, anderen vorlesen, Kritik hören, nicht zufrieden sein, mit dem was man geschrieben hat.

Wie geht man mit einer Schreibblockade um?

Durch Lesen kann man die Schreibblockade überwinden. Oder man kann den Ort wechseln. Irgendwann kommen die Ideen von alleine. Manchmal bei Einsamkeit, manchmal unter den Menschen kommen die Schreibideen. Auch Jazzmusik hören kann dabei sehr viel helfen.

Wie finden Sie Ihre Inspiration/Ideen?

Wenn man durchs Leben geht, findet man genug Inspirationen. Natur, Liebe, Sehnsucht, Trennung, Freude, Trauer, Wut, Erfolg und Misserfolg bewegt uns.

Wie motiviert man sich weiter zu schreiben?

Manchmal unerwartet kommt durch den Alltag eine Geschichte, und dies lässt sich unbedingt schreiben.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Wenn man anderen seine Texte vorträgt, weiß man, wie es ankommt. Durch Kritik kann man viel lernen, auch wenn man sie am Anfang nicht wahrhaben möchte. Das bringt uns dazu, eigene Texte nochmal zu schreiben oder zu ändern.

Wie lebt man als Schriftsteller, also wie sieht das Leben aus?

Um zu überleben, muss man einen Hauptberuf haben. Nebenbei kann man schreiben. Irgendwann kann man Bücher veröffentlichen, wenn man groβen Erfolg damit hat, kann man durch Schreiben leben.

Welche Gründe gibt es für den Anfang des Schreibens?

Man muss etwas hautnah erlebt oder gefühlt haben. Meine erste Geschichte ist etwa 15 Seiten lang, nachdem ich im Hertener Schloss- Café nicht bedient wurde, habe ich sie geschrieben aus Wut und Ärger.

Welchen Fehler kann man beim Schreiben machen und wie kann man ihn verhindern?

Es gibt keinen Schriftsteller, der beim Schreiben keine Fehler macht. Ein guter Schriftsteller liest seine Texte und korrigiert sie  mehrmals. Man sagt, gute Schriftsteller haben den Papierkorb immer voll. Manchmal gibt es nach der Veröffentlichung eines Buches eine überarbeitete neue Fassung.

Was ist der persönliche Schreibstil?

Ich versuche mit einer klaren und schlichten Sprache meine Texte zu schreiben.

Wie finde ich meinen persönlichen Schreibstil?

Durchs Schreiben entwickelt man seinen eigenen Stil.

Was macht eine Geschichte gut?

Eine Geschichte soll aus dem Leben hervorgehen, bei den Lesern Neugier erwecken. Spannung muss sein. Der Leser soll sich in der Geschichte selbst finden.

Wie macht man eine Geschichte spannend und interessant?

Anfang und Ende müssen stimmen. Es muss gut erzählt werden. Spannung muss sein. Der Leser soll sich drin finden.

Wie lange braucht man für eine gute Geschichte?

Es gibt keine zeitliche Begrenzung. Nach ein paar Korrekturen kann man eine gute Geschichte haben. Manchmal ist eine Geschichte nach Jahren immer noch nicht beendet.

Wollen Sie etwas mit Ihren Werken ausdrücken/erreichen? Was?

Man möchte durchs Schreiben eigene Gedanken, Gefühle, Sorgen und Empfindungen anderen Menschen mitteilen.

Was schreiben Sie?

Ich schreibe Gedichte, Geschichten und Märchen. Manchmal schreibe ich Artikel für die Zeitungen.

Ich habe mir einige Texte von Ihnen durchgelesen und habe bemerkt, dass Sie das Thema Probleme in fremden Ländern behandeln. Warum?

Man soll in erster Linie das schreiben, was man selber erlebt. So wird es realistischer. Als Migrant erlebe ich tagtäglich Einiges. Darüber muss ich unbedingt schreiben.

Warum sind Sie 1976 nach Deutschland gekommen?

Im Jahre 1976 kam ich nach Deutschland und wollte nach drei Monaten zurückkehren. Ich wollte meine Deutschkenntnisse erweitern und ein neues Land kennenlernen. Jetzt bin ich seit 40 Jahren in Deutschland.

Wie alt waren Sie, als Sie mit dem Schreiben angefangen haben?

Zwischen 13 und 15 habe ich drei Jahre lang ein Tagebuch geführt. Mein erstes Gedicht habe ich mit 17 geschrieben. Ein Gedichtheft und meine Tagebücher sind leider verloren gegangen.  Mit 34 habe ich mein erstes Buch in Ankara veröffentlicht.

Warum haben Sie mit dem Schreiben angefangen?

Wenn man anderen nichts mitteilen möchte, schreibt man erst für die Schublade. Diese Schublade öffnet sich dann auch für die anderen.

Wollten Sie schon immer Schriftsteller werden?

Ich wollte Lehrer werden und bin es geworden. Nebenbei habe ich versucht etwas zu schreiben.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Normaler Alltag wie bei anderen. Schreiben habe ich gar nicht im Kopf. Ich habe viele soziale Aktivitäten. Dadurch lerne ich viele Menschen kennen. So bekommt man viele Impulse. Bei uns sagt man „Jeder Mensch ist ein Roman!“

Wer sind Ihre Vorbilder?

Ich kann viele Autoren nennen: Nazim Hikmet, Orhan Kemal., Fakir Baykurt Sabahattin Ali, Bertolt Brecht, Pablo Neruda, Erich Fried und…

Was wollen Sie erreichen? Was sind Ihre Ziele?

Mein Ziel ist, das alle Menschen auf der Erde in Frieden, satt und glücklich leben. Ohne Ausbeutung, ohne Hass, ohne Krieg und ohne Diskriminierung.  Mit meinen Texten möchte ich Menschen dazu bewegen.

Haben Sie einen Ratschlag für junge Autoren?

Junge Autoren sollen eine gute Schulbildung haben, studieren und sich für ein besseres Leben einsetzen, nebenbei viel lesen, reisen und schreiben.

 

Ich bedanke mich herzlich bei Bahattin Gemici für das Interview.