Portrait
Friedrich Ani, Foto:Mark Römisch

Viele junge Menschen finden, dass Gedichte langweilig und altmodisch sind und dass es uncool ist, wenn man selber Gedichte schreibt.

Dem ist aber nicht so. Man lernt durch das Gedichteschreiben viele neue Wörter kennen und man bekommt ein größeren Wortschatz.

Man kann mit Gedichten zum Beispiel

  • gute sowie auch schlechte Erfahrungen verarbeiten
  • Gefühle und Gedanken ausdrücken
  • seinen Gedanken freien Lauf lassen
  • versuchen, das aufzuschreiben, was einem Sorgen macht und wovor man Angst hat.

Um ein Gedicht zu schreiben, benötigst du Zeit und Geduld. Die ersten Wörter sind meist schwer zu finden, aber, wenn du erst mal drin bist, geht alles wie von selbst, dir fällt immer mehr ein, was du noch hinzu schreiben kannst.

Ich finde, wenn man sein eigenes Gedicht geschrieben hat, mit seinen Gefühlen, seinen Gedanken und so weiter, ist es wie das eigene Tagebuch. Man ist am Ende sehr stolz auf das Endergebnis. Da ich selber Gedichte nur “als Hobby” schreibe, habe ich mir die Hilfe von zwei Schriftstellern geholt und sie zum Thema Gedichte interviewt: Dirk Juschkat und Friedrich Ani.

Wann haben Sie sich dazu entschlossen Gedichte zu schreiben und warum?

Dirk Juschkat: Das war während meiner Schulzeit, in der Oberstufe. Und es half mir damals, besser mit persönlichen Problemen umgehen zu können.

Friedrich Ani: Ich habe mich nicht entschlossen, Gedichte zu schreiben, sie kamen von selbst, als ich ungefähr acht oder neun Jahre alt war. Ich schrieb sie einfach auf, als wären sie Echos, die ich hören kann.

Wie war ihre Einstellung zu Gedichten früher und wie ist sie jetzt?

Dirk Juschkat: In der Schule habe ich gerne Gedichte gelesen und auch gelernt. Genau so, wie ich auch Liedtexte mochte – das sind ja im Idealfall auch nur Gedichte. Früher habe ich das eher sehr persönlich und daher nur für mich gesehen. Mittlerweile sind meine Gedichte fast nur noch öffentlich, weil ich finde, dass alle Menschen daran teilhaben sollen.

Friedrich Ani: Ohne Gedichte möchte ich nicht leben. Ich lese sie, ich schreibe sie, ich brauche sie, um der Welt einen Sinn abzugewinnen und die Schönheit zu sehen.

Wo finden Sie ihre Inspirationen?

Dirk Juschkat: Überall. Meistens im normalen Leben, das ja gar nicht so normal ist, wie man glaubt. Es sind Begegnungen mit anderen Menschen, zufällig Erlebtes. Aber auch in Texten von anderen, die ich lese. Da kann es ein kleiner Satz oder auch nur ein einziges Wort sein, die mich inspirieren.

Friedrich Ani: Jeder von uns ist eine Inspiration. Aus der Stille, dem Schweigen, dem bloßen Schauen entsteht eine Inspiration wie von selbst.

Ist das Gedichteschreiben für Sie ein wichtiger Teil im Leben?

Dirk Juschkat: Absolut ja!

Friedrich Ani: Ein sehr wichtiger Teil.

Mit wie vielen Jahren haben Sie ihr erstes Gedicht geschrieben?

Dirk Juschkat: Mit 17 Jahren.

Friedrich Ani: Mit ungefähr sieben Jahren.

Hat es Ihr Leben verändert und wenn ja in wie fern?

Dirk Juschkat: Es hat mein Leben dahin verändert, dass ich entdeckt habe, dass ich mit eigenen Texten etwas verändern bzw. bewirken kann. Sowohl bei anderen als auch bei mir.

Friedrich Ani: Das erste Gedicht veränderte mein Leben vollkommen. Ich erkannte plötzlich, dass es eine große Welt außerhalb der kleinen gibt, die ich bewohne.

Wie lange brauchen Sie für ein Gedicht?

Dirk Juschkat: Das ist durchaus sehr unterschiedlich. Meistens schreibe ich es in einem Rutsch, das ist mir am liebsten. Aber es gibt auch Texte, die brauchen mehrere Wochen, besonders bei schwierigen Themen. Und ich habe auch noch genug Fragmente aus vergangenen Jahren, bei denen ich nicht weiß, ob ich sie jemals fertigstellen kann.

Friedrich Ani: Einen Tag, vier Tage, eine Stunde, einen Moment …

Wollen Sie irgendwas mit den Gedichten erreichen?

Porträt 1
Dirk Juschkat, Foto: www.dirkjuschkat.de

Dirk Juschkat: Ich will die Menschen erfreuen, indem ich ihnen ihr eigenes Leben widerspiegele. Sie sollen sich in meinen Gedichten wiedererkennen können.

Friedrich Ani: Nein.

Wollen sie irgendwas mit Ihren Gedichten ausdrücken?

Dirk Juschkat: Ja. Ich will Situationen beschreiben, und wie man mit ihnen umgehen könnte. Und auch Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufzeigen.

Friedrich Ani: Einen Blick, einen inneren Zustand, eine Sehnsucht, mich selbst will ich ausdrücken als Teil des Universums …

 

Braucht man um Gedichte zu schreiben bestimmte Voraussetzungen?

Dirk Juschkat: Man muss es schon wollen. Man sollte einen etwas größeren Wortschatz besitzen. Und, vor allem bei sich reimenden Gedichten, sollte man musikalisch sein. Der Rhythmus eines Gedichtes ist nichts anderes als der Takt eines Liedes.

Friedrich Ani:  Nein.

Hat sich in der Zeit von früher zu heute etwas verändert, was Gedichte betrifft?

Dirk Juschkat: Ja. Der Anteil der herkömmlichen, sich reimenden Lyrik ist stark zurückgegangen. Und da es bei der modernen Lyrik kaum feste Regeln gibt, kommt es mir manchmal so vor, als ob ein normaler Fließtext einfach durch die Return-Taste zerstückelt wurde – da wird es mit meinem Verständnis von Lyrik schon sehr schwierig.

Friedrich Ani: Ich glaube, Gedichte finden immer ihren Weg zu den Menschen, egal, wie steinig er sein mag, egal, wie vernagelt die Menschen sein mögen. Gedichte sind die Songlines der Menschheit.

Wollten sie schon immer Schriftsteller werden?

Dirk Juschkat: Nein, absolut nicht.

Friedrich Ani: Ja.

Was ist Ihnen besonders wichtig, wenn sie ein Gedicht lesen?

Dirk Juschkat: Dass ich mit meinem Vortrag den Menschen noch mehr vermitteln kann, als es der reine Text vermuten lässt. Da sind Stimmausdruck und auch Gestik wichtige Hilfsmittel, um einen Text noch plastischer gestalten zu können.

Friedrich Ani: Darüber denke ich nicht nach beim Lesen. Das Gedicht erzählt mir alles von selbst.

Ich selber schreibe auch Gedichte und bin immer stolz darauf, wenn ich eins fertig habe. Ändert sich das im Laufe der Zeit oder sind sie heute immer noch genau so stolz wie früher, wenn sie ein Gedicht fertig haben?

Dirk Juschkat: Grundsätzlich bin ich immer zufrieden damit, wenn ein Gedicht fertig ist. Und manchmal auch stolz, wenn ich der Meinung bin, dass mir ein besonders guter Text gelungen ist.

Friedrich Ani: Stolz bin ich nie, vielleicht ein wenig glücklich, wenn ich den richtigen Vers gefunden habe …

Warum schreiben Sie Gedichte?

Dirk Juschkat: Manchmal immer noch, um persönliche Dinge zu verarbeiten. Aber hauptsächlich, um den Menschen ihre eigene Welt zu zeigen.

Friedrich Ani: Sie gehören zu meinem Leben, wie die Liebe, die Musik, die Einsamkeit, das Glück.

Hat sich Ihr Leben durch das Schreiben verändert und wenn ja wie?

Dirk Juschkat: Ja, natürlich hat es sich verändert. Je mehr ich geschrieben und vorgetragen habe, desto weniger Zeit habe ich für andere Dinge. Aber das ist gut so.

Friedrich Ani: Durch das Schreiben wurde ich ein freier Mensch.

Was wollen sie in der Zukunft machen bzw. erreichen?

Dirk Juschkat: Weiter Gedichte schreiben. Weiter Lesungen bestreiten. Und noch den einen oder anderen Gedichtband veröffentlicht sehen.

Friedrich Ani:  Ich schau mal, was passiert. Jetzt bin ich hier, und morgen? Wer weiß das?

Lebt man als Schriftsteller/Dichter anders als „normale“ Menschen ?

Dirk Juschkat: Nicht unbedingt. Viele Sachen lassen sich auf andere Berufsgruppen übertragen. Vielleicht ‘sieht’ man als Schriftsteller das Leben ein wenig anders.

Ich bedanke mich herzlich für das Interview.