Wie heißt Du? Der Maurice bin ich, Maurice Ressel. Interview mit dem Fotografen Maurice Ressel

Wie alt bist Du? 30

Wo hast Du Deine Ausbildung zum Fotografen gemacht? Das ist hier in Münster gewesen im Werbestudio von Peter Wattendorf. Damals war das ein kleines Dreimann-Studio mit einem Fotografen, einer Bürokraft und mir. Es ist mittlerweile ein bisschen größer geworden. Er hat jetzt schon zwei neue Auszubildende, die eine ist jetzt fertig geworden. Hauptsächlich dreht sich da alles um Werbung! Ob Still-Fotografie oder People-Fotografie. Da war ich damals sein Hauptassistent.

Warum machst Du Fotos, was fasziniert Dich daran? Also früher war ich der Ansicht, dass einer der fotografiert das deswegen tut, weil er nicht malen kann. Ich hab halt damals viel gemalt und hatte vor der Fotografie nicht besonders viel Respekt. Es kam mir nie in den Sinn, mal eine Kamera in die Hand zu nehmen. Damals kam ein Freund auf mich zu und sagt “Hey Maurice, ich brauche ein Interieur-Design” also mit Stühlen und Möbeln, für Henkel. Der drückte mir dann eine Ixus in die Hand, eine kleine Kompaktkamera, eine digitale „um ein paar Impressionen zu kriegen – geh mal durch Münster und fotografier Interieur. Geh mal in die Kaufhäuser und fotografier Möbel usw.” So fing das halt bei mir an. Dass ich so Bock daran hatte, auch meine Freundin zu fotografieren oder die Umgebung. So hab ich mich damit angefreundet. Ich fand es faszinierend, superschnell Sachen wiedergeben zu können. Bei der Malerei muss man sich richtig reinarbeiten und es dauert halt lange und man muss wirklich gut sein. Ich konnte es nie richtig gut. Ich fand das in der Fotografie eben spannend, dass man etwas schnell wiedergeben kann und dann auch mit Photoshop oder ähnlichen Bildbearbeitungsprogrammen relativ schnell Effekte hinzufügen kann. Das passte eben vom Gefühl her.

Was für eine Kamera benutzt Du denn heute? Die 5 D-Max, das ist eine digitale Spiegelreflex. Also ein super Teil. Kann auch filmen. Das ist die erste Spiegelreflexkamera gewesen, die auch filmen kann. Ein Top-Gerät.

Was genau macht man denn als Fotograf. Welche Arbeitsgebiete gibt es? Also man kann natürlich das wiedergeben, was gerade vor Deinen Augen passiert, die Wirklichkeit wiedergeben – in der Reportage z.B. Man kann auch etwas inszenieren, wie z.B. in der Werbefotografie. Es gibt Auftragsarbeiten, wo einer sagt „wir brauchen die und die Situation”, z.B. eine Interviewsituation. Die muss man dann halt darstellen. Da hat man seine Modelle und muss diese Situation halt simulieren. Dann gibt es noch die Portraitfotografie. Es gibt überall Fotografen, die sich spezialisieren. Es gibt auch Leute, die fotografieren nur Lebensmittel.

Woran hast Du beim Fotografieren am meisten Spass? Eigentlich bei der Reportage. Wenn etwas passiert und man kann sich richtig reinstürzen. Wenn man nicht alles inszenieren muss, wie bei der Werbefotografie. Das ist manchmal stressig. Ja, wenn etwas passiert und man kann mit dem Weitwinkelobjektiv alles festhalten.

Wo hast Du schon überall Fotos gemacht? Die spannensten Sachen waren einmal aus dem Heißluftballon. Dann habe ich einmal am Nürburgring fotografiert. Da stand ich am Start und sollte die Aufreihung der Autos fotografieren. Da gab mir jemand den Tip, ich könne auch das Rennen starten. Du musst nur noch ein bisschen weiter nach hinten gehen und den Finger heben. Das hab ich dann getan und die sind tatsächlich losgefahren und mit vollem Speed an mir vorbeigeschossen. Das war sehr witzig. Dann war ich auch in Afghanistan natürlich.

Du hast in Afghanistan mit Kinder gearbeitet. Wie war das? Ja. Das war auf jeden Fall spannend. Die Kids sind da einfach anders drauf. Alle etwas rougher. Sie haben einen anderen Umgang. Da herrscht das Faustrecht. Die prügeln sich richtig. Du musst schon auch zeigen, dass Du der Boss bist in der Situation. Das war am Anfang etwas schwierig. Man konnte eben erst mal nicht rumalbern, dann haben sie sofort den Respekt vor einem verloren. Da musste ich mich sehr zusammenreißen. Das hat dann aber irgendwann geklappt. Wenn man dann länger da ist, wachsen einem die Kinder auch ans Herz. Das war eine sehr schöne Arbeit.

Was hast Du denn mit den Kindern da gemacht? Hast Du die nur fotografiert oder noch was anderes gemacht? Auf manchen Bildern hat man gesehen, dass Du Skatebord gefahren bist. Konnten die Kinder das auch. Woran hatten sie denn Spaß?I ch hatte ja erst mal keinen Vergleich, weil ich in Deutschland noch nie mit Kids und Skateboard-Fahren gearbeitet hatte. Also die konnten das am Anfang nicht. Die hatten noch nie ein SB unter den Füßen. Aber sie sind extrem mutig gewesen. Die sind barfuss gefahren. Die Pipe die wir gebaut haben, war nicht besonders hoch, also nicht besonders schwierig, damit nichts passiert, wenn sie mal stürzen. Die sind da aber mit ihren Skateboards reingedropt – SB in die Hand und reingeprungen. Die waren da relativ angstfrei.

Also konnten sie es später dann auch einigermaßen? Ja, einige schon. Also wir haben mit 20 Kindern angefangen. Am Ende blieben sechs über, weil wir uns nicht die ganze Zeit auf alle konzentrieren konnten. Einige konnten das nach drei Monaten richtig gut.

Wofür sind die Bilder denn nachher verwendet worden? Für die Skaid-Aid-Seite. Viele Bilder hab ich ja auch von Titus geschossen.

Kannst Du mir ein paar Tricks fürs Fotografieren verraten? Viele machen oft den Fehler, dass sie nicht nahe ran gehen, an das was sie fotografieren wollen. Also, wenn man eine Situation hat, die man fotografieren will, sollte man auch richtig in die Situation reingehen. Man darf natürlich nicht stören, und über die Füße der anderen stolpern. Aber man muss an dem Foto erkennen, dass der Fotograf dabei war. Der Betrachter sollte schon das Gefühl haben, dass er mittendrin ist. Ich bin damals zu meinem Chef gegangen und hab gesagt, ich will mir jetzt eine Kamera kaufen. Da hat er gesagt, kauf Dir eine Kamera und nur ein Objektiv und das sollte fest drin sein, damit man nicht zoomen kann und dann noch einen Weitwinkel. Damit übst Du dann erst mal. Und wenn Du mit einem Weitwinkel etwas fotografierst, was weiter weg ist, dann ist das wirklich sehr klein. Man muss also nahe ran gehen. So hab ich das gelernt. Dann gibt es natürlich das Fadenkreuz-Syndrom.

Was ist das? Viele positionieren beim fotografieren den Kopf immer in die Mitte. Dann hab ich einen Körper bis zu den Knien fotografiert und darüber ganz viel Raum – also meistens nichts. Das interessiert aber eigentlich gar nicht. Man könnte ja auch einen anderen Bildausschnitt nehmen. Es ist wichtig, sich den richtigen Bildausschnitt zu suchen. Dass man eben guckt, was will ich im Foto haben, was macht Sinn. Dieses Fadenkreutz-Syndrom ist eben ein Anfängerfehler. Das sind die Hauptfehler, die man macht.

Läufst Du in Deiner Freizeit auch mit einer Kamera rum, um Geschehnisse festzuhalten oder lässt Du die dann zu hause liegen? Ich lass die zu Hause liegen. Ich wollte mir eigentlich immer eine kleine Kamera kaufen, hab das aber bis jetzt noch nicht geschafft. Das bedaure ich oft sehr. Es wäre oft schön, schnell ein Foto machen zu können. Meine Kamera wiegt ca. 2 Kg.

Was für Hobbies hast Du noch neben dem Fotografieren? Skateboardfahren und Sport machen. Musik hören.

Was für Musik hörst Du? Metal. Und ansonsten geht viel Zeit für die Arbeit draus. Man ist froh, wenn man im Sommer ein bisschen skaten kann oder Sport machen. Zum Lesen komme ich eigentlich auch nicht wirklich, obwohl ich das gerne möchte.

Warst du sonst noch irgendwo im Ausland, um Fotos zu machen? Nichts, was so spektakulär war wie Afghanistan. Ich hab allerdings in Schweden und Norwegen Fotos gemacht. Ich hab für Rucksackreisen den Tourbegleiter gemacht. Da bin ich morgens immer sehr früh aufgestanden und hab im Morgengrauen oder in der Dämmerung fotografiert. Das war ‘ne super spannende Angelegenheit. Sehr meditativ. Da ist ja absolute Stille. Aber eben auch anstrengend, weil man immer Stativ und Kamera mitschleppen muss.

Setzt Du Dir Ziele beim Fotografieren oder passiert alles spontan? Oft ist das konzeptionell. Ich hab meist genau geplant, wo ich fotografiere und wen. Meistens sind es Auftragsarbeiten. Es gibt eine freie Serie, die ich schon länger mache. Da fotografiere ich privat für mich. Damals, als ich mit dem Fotografieren angefangen habe, hatte ich die Kamera immer dabei. Da sind auch wirklich schöne Fotos entstanden. Heute finde ich das oft schade, dass ich meine Kamera nicht mehr ständig dabei habe und nicht mehr ganz so enthusiastisch bin wie am Anfang. Das hat eben irgendwann nachgelassen. Wenn man einen schönen Moment hat – einen schönen Ausblick oder so und man fotografiert die ganze Zeit. Dann ist das eher wie fernsehen. Man guckt die ganze Zeit durch die Kamera die Welt an und ist nicht wirklich präsent. Man kann den Moment dann nicht richtig genießen.

Deswegen lässt Du Deine Kamera also oft zu Hause? Genau. Weil ich dann eben weiß – dass ich dann auch ständig fotografiere. Dann ist die Situation, ein Sonnenuntergang z.B. eben vorbei aber ich hab ihn nicht wirklich erlebt. Ich kann mir dann das Bild angucken aber… deswegen ist es manchmal auch ganz gut, keine Kamera mit zu haben.

Wieviele Bilder musst Du machen, bis das Richtige da ist? Kommt immer drauf an. Manchmal ist es das erste Bild. Oft kommt es darauf an, wie schnell die Situation abläuft. Es gibt Situationen, in denen man 1000 Bilder schießt und davon sind 20 gut. Als Beispiel: bei euch in der Schule hatte ich am Ende 1600 Bilder und davon waren 80 oder 100 wirklich gut. So ist das oft.

Kannst Du meist selbst entscheiden, wie Du Deine Bilder machst oder wird das von dem Kunden vorgegeben? Wünschenswert ist es immer, dass man am Konzept mitwirken kann. Manche Sachen sind aber auch von vornherein durchgeplant. Es gibt wasserdichte Konzepte, an die man sich halten muss. Es gibt aber auch Situationen, in denen man mit den Leuten was entwickelt. Gerade in Bereichen, wo man fotografisches Know-How braucht, kann ich dann eben oft mit am Konzept arbeiten.

Musstest Du schon mal was fotografieren, auf das Du überhaupt keine Bock hattest? Nein musste ich nicht.

Gibt es etwas, was Du nicht fotografieren würdest? Wenn ich etwas moralisch oder politisch nicht vertreten kann. Rein technisch bin ich nicht eingeschränkt. Ich kann theoretisch alles umsetzen. Food-Fotografie ist nicht so mein Ding. Da lass ich eher die Finger von. Das ist eine sehr spezielle Sparte. Es gibt viele Fotografen die nur darauf spezialisiert sind. Sachen die in die rechte Richtung gehen. Rechte Parteien z.B. oder auch Pelzmäntel: so was wie die schönsten Nerze 2011. Das würde ich auf keinen Fall machen.

Wie lange geht die Ausbildung zum Fotografen? Regulär drei Jahre.

Muss man eine Abschlussarbeit machen und wenn ja, was war Deine?Ich liebe ja Comicfiguren. Ich hab mir also Figuren gekauft, die super realistisch aussahen. Ich hab erst die Hintergründe, z.B. in der Stadt, fotografiert.. Dann bin ich ins Sudio gegangen und hab die Figuren mit der gleichen Perspektive und dem gleichen Licht fotografiert wie vorher die Hintergründe. Dann hab ich die Figuren am PC ausgeschnitten und in die Hintergründe eingestzt. Das war meine erste große Photoshoparbeit. Da hab ich zwei Tage vorm Computer gessen. Da ist auch die Liebe zu Photoshop entstanden. Letztendlich macht man da ja nichts anderes als Collagen. Man schneidet etwas aus und setzt es neu zusammen.

Wenn ihr noch mehr Bilder von Maurice sehen wollt, schaut mal auf seiner Internetseite:

www.neongrau-fotografie.de

Maurice hat übrigens auch die Fotos für unsere neue Schulhomepage, die demnächst online geht, gemacht.