Als mal jemand zu mir kam und sagte, dass er Streetworker sei, wusste ich gar nicht, was ich mit dem Begriff anfangen sollte. In diesem Artikel geht es um diesen Beruf, wie man diese Tätigkeit ausüben kann, welche Anforderung es gibt und welche Stärken man mitbringen sollte. Bei der Recherche kamen viele Fragen auf, die ich dem Diplom-Sozialarbeiter Stefan Scholz gestellt habe.

Was muss man studieren, um in dem Bereich aufsuchende Jugendsozialarbeit zu arbeiten?

Um als Sozialarbeiter/Streetworker arbeiten zu können braucht man einen Abschluss im Studium Soziale Arbeit Bachelor of Arts (B.A.). Diesen Studiengang kann man meistens an Fachhochschulen (z.B. FH Münster), in manchen Städten aber auch an Universitäten studieren. Das Studium an einer Uni ist in der Regel deutlich wissenschaftlicher orientiert, als an Fachhochschulen. So werden an FH´s im Studium meistens mehrere Praxisphasen auf dem Lehrplan stehen.

Muss man etwas machen, um überhaupt studieren zu können? (z.B ein längeres Praktikum vor dem Studium)

Es wird mindestens die Fachhochschulreife (ggf. für das Studium an der Uni die allgemeine Hochschulreife) benötigt. Viele Hochschulen, wie z.B. die FH Münster verlangen vor dem Studium ein mind. 3 monatiges Praktikum mit professioneller Anleitung eines Diplom- Sozialpädagogen oder Sozialarbeiters B.A. mit genügend Berufserfahrung.

In welchen Fächern muss man gut sein um in diesen Bereich zu können?

Es ist von Vorteil in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (Politik, Sozialwissenschaften etc.) gut zu sein. Im Arbeitsfeld der aufsuchenden sozialen Arbeit ist es notwendig ein gutes Basiswissen zu haben, um Hilfen in allen Lebenslagen anbieten zu können. Du kannst dir sicher vorstellen, welche Fächer wichtig sind, um zum Beispiel Briefe an Behörden zu schreiben oder einen Arbeitslosengeldbescheid nachzurechnen. Manchmal sind auch Englischkenntnisse gefragt, wenn Besucher kein Deutsch sprechen.

Wie gut muss die Leistung in der Schule sein? (Noten, soziales Engagement)

Die Noten spielen für den Studienplatz eine wichtige Rolle, da der Studiengang nicht zulassungsfrei ist. Von den Fachhochschulen und Universitäten wird ein Numerus Clausus (NC) verlangt. Dieser beschreibt den Notendurchschnitt der erforderlich ist um ein Studium aufnehmen zu können. Soziales Engagement ist sinnvoll um Erfahrungen für sich selbst zu sammeln, wird in der Regel aber nicht bei der Studienplatzvergabe berücksichtigt (außer FSJ).

Wie lange muss man studieren?

Die Regelstudienzeit beträgt 6 Semester. Viele studieren jedoch länger, da sie nebenbei arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren, um Erfahrungen auf ihrem Lebenslauf sammeln zu können.

Was lernt man im Studium?

Grundlagen aus Bezugsfächern wie Psychologie, Soziologie, aber auch Rechtliche Grundlagen. Darüber hinaus vertieft man sich in einem Arbeitsbereich (z.B. Arbeit mit Kindern und Jugendlichen) und besucht Seminare dazu. Das Studium ist generell sehr umfangreich und je nach persönlichen Interessen anders gestaltet.

Welche Kompetenzen erwirbt man während des Studiums?

Im Einzelnen kommt es darauf an, welche Seminare besucht werden. Grundsätzlich wird ein umfangreiches theoretisches Fachwissen erworben, um in dem Arbeitsfeld Soziale Arbeit tätig werden zu können. Bei einem FH Studiengang wird dieses Wissen durch Theorie und Praxisverknüpfungen im Praktikum ergänzt. Auf jeden Fall lernt man durch das Studium sich selbst zu organisieren und selbständig zu arbeiten.

Muss man nach dem Studium noch eine Weiterbildung machen und wenn ja welche?

Muss man nicht unbedingt, aber es ist empfehlenswert Weiterbildungsseminare und Schulungen zu besuchen, um immer auf dem aktuellsten Stand zu bleiben. In verschiedenen Arbeitsfeldern wird auch ein spezielles Fachwissen verlangt. Dann werden Grundkenntnisse durch Fortbildungen vertieft. Zum Beispiel in der spezialisierten praktischen Arbeit mit Familiensystemen als „Sozialpädagogische Familienhilfe“, auch aus dem Fernsehen als „Super Nanny“ bekannt.

Welche Anforderung gibt es?

Im Bereich Streetwork mit Lebensmittelpunkt Straße ist es notwendig neben dem theoretischen Fachwissen auch lebenspraktische Kenntnisse zu haben, um umfangreich beraten zu können. Alle hauptamtlichen Angestellten haben schon in verschiedenen anderen Arbeitsbereichen gearbeitet, wie zum Beispiel Heimerziehung, Jugendhilfe oder Berufseingliederung, oder sogar eine Ausbildung in einem anderen Beruf erlangt (zum Beispiel Krankenpfleger, Technischer Zeichner, Tischler)

Welche Stärken sollte man mitbringen?

Für die Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollte man Authentisch, also Echt und Zuverlässig sein.  Verschiedene Eigenschaften unterstützen diese Haltung: Empathie (Einfühlvermögen), Kommunikative Fähigkeiten, Offenheit, Toleranz, Flexibilität, Durchsetzungsfähigkeit, Belastbarkeit,

Welche Vorkenntnisse sollte man haben?

Verschiedene Erfahrungen

  • in der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen und mit deren Lebensbereichen
  • in der Jugendhilfe
  • in der Wohnungslosenhilfe und Sozialhilfe
  • mit Verwaltungsabläufen bei Behörden und Ämtern

Woran sollte man interessiert sein?

Man sollte Spaß daran haben Jugendlichen und jungen Erwachsenen in schwierigen Lebenslagen und bei ihren alltäglichen Themen mit denen sie sich beschäftigen zu begleiten. Man sollte auch Spaß daran haben individuelle Lösungen zu entwickeln. Oftmals treten Probleme mit Behörden auf, weil Verwaltungsdenken schwierig oder ungewohnt für junge Menschen ist. Dazu ist es notwendig als Übersetzer aufzutreten oder beim Ausfüllen von Formularen behilflich zu sein. Oftmals müssen hier auch rechtliche und politische Zusammenhänge erklärt werden.

Was bedeutet es, Streetworker zu sein? Warum sollte man diesen Beruf ausüben? Was sind die Aufgaben und Tätigkeiten?

Streetworker sind Berater und Begleiter in einer Lebensphase von jungen Menschen. Oftmals fehlen Ideen wie es im Leben weitergehen soll und die jungen Menschen fühlen sich „abgehängt“ vom System. Deshalb unterstützen Streetworker Jugendliche und junge Erwachsene, um sie in ihrer Lebenswelt zu stabilisieren, Ressourcen und Fähigkeiten zu erschließen und sie in die Gesellschaft zu integrieren.

Wie hoch ist das Gehalt?

Das Gehalt wird in einem Tariflohn festgelegt und wird im öffentlichen Dienst bei der Stadt Münster nach TVöD ausgezahlt. Dieses ist gestaffelt nach Arbeitsaufgaben unterschiedlich hoch.

Warum ist es so schwer als Jugendlicher einen Praktikumsplatz im Bereich sozialer Arbeit zu bekommen?

Dies erschließt sich wahrscheinlich aus der Beschreibung unseres Arbeitsplatzes. Viele Klienten kommen in einer Lebensphase an, in der sie existentielle Probleme haben. Dazu ist es wichtig vertrauensvoll, kontinuierlich und verlässlich aufzutreten. Immer wieder wechselnde Bezugspersonen sind dabei nicht förderlich. Würdest Du in einer solchen schwierigen Situation gerne einen „Zuschauer“ im Schülerpraktikum dabei haben?

Lieber Herr Scholz, herzlichen Dank für das Interview.